Die deutsche Küchenbranche zeigt nach zwei Jahren Umsatzrückgang Anzeichen einer Stabilisierung. Besonders das Premiumsegment wächst stark, während günstige Modelle weiter verlieren. Hersteller hoffen zusätzlich auf eine Belebung durch den Wohnungsbau.
Inhaltsverzeichnis:
- Premiumküchen von Nobilia und Co. legen deutlich zu
- Küchen als Statussymbol und neue Trends bei Geräten
- Farbtrends und Einzelkäufe beeinflussen den Markt
- Hoffnung durch politische Impulse beim Wohnungsbau
Premiumküchen von Nobilia und Co. legen deutlich zu
Die deutsche Küchenindustrie befindet sich in einer Phase des vorsichtigen Optimismus. Nach einem deutlichen Umsatzrückgang um 6,5 Prozent auf 5,7 Milliarden Euro im Jahr 2024 deuten neue Entwicklungen auf eine mögliche Wende hin. Die Nachfrage im Inland sank um 8,2 Prozent und war damit besonders stark betroffen. Verantwortlich dafür sind unter anderem der Rückgang der Baugenehmigungen, ein stockender Wohnungsneubau sowie die Konsumzurückhaltung breiter Bevölkerungsschichten.
Ein Lichtblick für die Branche ist das starke Wachstum im Premiumbereich. Küchen mit einem Gesamtwert von über 20.000 Euro legten 2024 um 8,5 Prozent zu, wie Zahlen des Marktforschungsverbunds NIQ zeigen. Besonders wohlhabende Haushalte investierten weiterhin in hochwertige Ausstattung. Dagegen sank der Absatz günstiger Küchen unter 5000 Euro um 7,1 Prozent.
Auch mittlere Preisklassen zeigten einen rückläufigen Trend. Zwischen 5000 und 10.000 Euro lag das Minus bei 0,5 Prozent, im Bereich von 10.000 bis 20.000 Euro bei 2,8 Prozent. Die Folge: Ein neuer Rekord beim durchschnittlichen Küchenpreis, der nun laut NIQ bei 11.567 Euro liegt. Im Preis enthalten sind Schränke, Elektrogeräte, Arbeitsplatte und Montage.
Küchen als Statussymbol und neue Trends bei Geräten
Ein zentraler Faktor für die Entwicklung ist der gestiegene Anspruch an Ausstattung und Design. Laut Bernd Weisser, Vorstandssprecher der Arbeitsgemeinschaft die Moderne Küche (AMK) und Vertriebschef beim ostwestfälischen Branchenriesen Nobilia, erlebt der Markt eine grundsätzliche Wertverschiebung. Hersteller reagieren mit einem sogenannten „Trading Up“, unabhängig von ihrer bisherigen Preisausrichtung.
Auch im Bereich der Elektrogeräte sind qualitative Veränderungen sichtbar. Smarte Technik, hohe Energieeffizienzklassen und moderne Designs gewinnen an Bedeutung. Laut Markus Wagenhäuser, Experte für Elektrogroßgeräte bei NIQ, bevorzugen Konsumenten inzwischen langlebige und vernetzte Produkte. Im Bereich Kochen setzt sich der Muldenlüfter gegenüber der klassischen Dunstabzugshaube durch. Bei Kühlschränken steigt die Nachfrage nach freistehenden Großgeräten.
Farbtrends und Einzelkäufe beeinflussen den Markt
Ein weiterer auffälliger Trend betrifft die Farbgestaltung. Der Marktanteil schwarzer Einbaubacköfen stieg 2024 auf fast 50 Prozent, während silberfarbene Geräte deutlich verloren. Vor zwei Jahren lag der Anteil schwarzer Modelle noch bei 26,4 Prozent.
Auch der Verkauf einzelner Elektrogeräte entwickelte sich besser als der Gesamtmarkt. Besonders bei Ersatzkäufen – etwa für defekte Spülmaschinen oder Kochfelder – wurden 2024 Zuwächse erzielt. Einzige Ausnahme waren Kühl-Gefrierkombinationen, deren Absatz zurückging. Käufer investieren derzeit gezielter und oft nur in dringend benötigte Geräte. Eine komplette Küche wird seltener ersetzt, obwohl der Bedarf laut AMK groß ist. Der durchschnittliche Nutzungszeitraum liegt bei 12 bis 15 Jahren, wird derzeit aber häufig überschritten.
Hoffnung durch politische Impulse beim Wohnungsbau
Trotz Rückschlägen sieht die Branche großes Potenzial im Bereich der Küchenmodernisierung. Laut Bernd Weisser sind 50 bis 60 Prozent der bestehenden Küchen in Deutschland erneuerungsbedürftig. Neben dem Austauschbedarf setzt die Industrie aber auch auf Impulse aus dem Bauwesen.
Die AMK rechnet mit einer Belebung durch politische Kurskorrekturen, sinkende Baupreise und Investitionsprogramme der Bundesregierung. Diese könnten nicht nur den Neubau fördern, sondern auch eine Kettenreaktion bei Umzügen und damit Küchenanschaffungen auslösen. Jeder neue Haushalt bringt im Schnitt zwei bis drei Umzüge mit sich – und damit neue Küchenkäufe.
Der Trend zur Aufwertung, verbunden mit technologischem Fortschritt und dem Wunsch nach Individualität, dürfte der Branche auch 2025 helfen, sich zu stabilisieren.
Quelle: WELT,